Reverse-Charge-Verfahren

Reverse-Charge-Verfahren
1. Begriff: Umsatzsteuerliche Regelung, nach der in bestimmten Fällen nicht der leistende Unternehmer, sondern sein Kunde (Leistungsempfänger) die Umsatzsteuer schuldet.
- 2. Folgen: Der leistende Unternehmer darf dem Kunden in diesen Fällen also nur das Nettoentgelt in Rechnung stellen. Der Kunde hat für den Bezug der fraglichen Leistung eine eigene Umsatzsteuerschuld an das Finanzamt zu entrichten (ähnlich wie bei der  Erwerbsteuer). Er kann jedoch, soweit er vorsteuerabzugsberechtigt ist, diese Umsatzsteuer auch selbst wieder als Vorsteuer geltend machen. Insoweit besteht hinsichtlich der wirtschaftlichen Belastungswirkungen kein Unterschied zwischen dem R.-C.-V. und der normalen Umsatzsteuer. Das Verfahren führt lediglich zu einer Vereinfachung für den Fiskus und für den leistenden Unternehmer (weil er den Vorgang nicht beim Finanzamt deklarieren muss); v.a. in grenzüberschreitenden Fällen wird dadurch erheblicher Verwaltungsaufwand gespart, weil das R.-C.-V. einem ausländischen Unternehmer erspart, sich an ein deutsches Finanzamt wenden zu müssen, und dem deutschen Fiskus jede Gefahr nimmt, Steueransprüche im Ausland vollstrecken lassen zu müssen.
- 3. Anwendungsbereich: a) Das R.-C.-V. ist EG-rechtlich vor allem für grenzüberschreitende Fälle vorgesehen: (1) In den Fällen von grenzüberschreitenden Katalogleistungen (§ 3a IV UStG) und grenzüberschreitenden innergemeinschaftlicher Beförderungsleistungen (§ 3b III Satz 2 UStG), Vermittlungsleistungen (§ 3a II Nr. 4 Satz 2 UStG) und Werkleistungen (§ 3a II Nr. 3c UStG) ist es unter bestimmten Umständen allen Mitgliedstaaten zwingend vorgeschrieben. (2) In allen übrigen Fällen grenzüberschreitender Geschäfte ist seine Einführung den Mitgliedstaaten gestattet (Art. 21 der Sechsten EG-Richtlinie von 1977). (3) Seine Anwendung auf weitere Fallkonstellationen ist EG-rechtlich nur gestattet, wenn es hierfür als Maßnahme zur Verhinderung von Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung oder als Maßnahme zur Steuervereinfachung von der EG genehmigt worden ist (Art. 27 der 6. Richtlinie).
- b) In Deutschland ist das R.-C.-V. vorgesehen für: (1) Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, naturgemäß allerdings nur dann, wenn diese Vorgänge in Deutschland steuerbar sind (§ 13b I Nr.1 UStG); (2) Lieferungen sicherungsübereigneter Grundstücke außerhalb des Insolvenzverfahrens; (3) Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher. Das R.-C.-V. gilt allerdings in allen diesen Fällen nur dann, wenn der Leistungsempfänger (1) ein Unternehmer ist oder (2) eine juristische Person des öffentlichen Rechts; ist das nicht der Fall, bleibt der leistende Unternehmer Steuerschuldner und muss die Steuer an das deutsche Finanzamt abführen.

Lexikon der Economics. 2013.

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